Ölfrei, trocken und hygienisch muss dentale Druckluft sein. Ist sie „feucht“, kann sie mittelfristig zur Korrosion der Luftmotoren an der Behandlungseinheit führen und direkt den Behandlungserfolg gefährden. Feuchtigkeit und Öl im Druckluftsystem begünstigen die Vermehrung schädlicher Keime und beeinträchtigen die Effektivität der adhäsiven Befestigung von Kompositen und Keramik. Auch ist ein adäquates Retentionsmuster bei Anwesenheit von Öl kaum exakt zu präparieren.

Darum werden seit knapp 60 Jahren Kompressoren  für die Zahnmedizin angeboten, die Druckluft unter Verzicht auf jegliche Ölschmierung produzieren. Bei zeitgemäßen Kompressoren  gleiten die Kolben auf einem speziellen Compound-Werkstoff über die Zylinderlaufbahnen.

Daran wird deutlich: Dentale Druckluft stellt spezifische Anforderungen. Sie sind im Kapitel 5.3 der europäischen Norm ISO 22052 definiert.

Daneben gibt es schon lange dentalfremde Bestimmungen aus angrenzenden Fachgebieten, namentlich im Europäischen Arzneibuch. Ein Vergleich schärft das Urteilsvermögen dafür, was dentale Druckluft  im Kern ausmacht.

Beispielsweise definiert die Europäische Pharmakopöe für medizinische Druckluft genau einzelne gasförmige Bestandteile, wie etwa den Kohlendioxid- und Kohlenmonoxidgehalt. Denn diese Luft soll im Falle eines Falles zur Beatmung eines kollabierten Patienten eingesetzt werden können. Auch wird im Allgemeinen ein atmosphärischer Taupunkt von -46 °C gefordert. Dies ist aber nur für eine Lagerung in Pressluftflaschen unter hohem Druck nötig (200 bar, wie in einer Pressluftflasche für Taucher). Für vor Ort erzeugte Druckluft (z. B. mit einem Kompressor) gilt nach der Europäischen Pharmakopöe  jedoch ein Taupunkt von nur -22 °C, was fast genau dem Wert nach ISO 22052 entspricht (-21 °C).

Fazit für die Praxis: Der Maßstab für dentale Druckluft ist die ISO 22052. Die teilweise höheren Anforderungen medizinischer Druckluft ergeben keinen tatsächlichen Mehrwert für die Zahnarztpraxis. Für sie erweist sich dagegen eine Klassifizierung des Kompressors als Medizinprodukt der Klasse IIa nach der Medizinprodukte-Verordnung (EU 2017/745) als zusätzlicher Pluspunkt (z.B. Silver Airline, Dürr Dental, Bietigheim-Bissingen).